15 April 2002


To: jya@cryptome.org, gnu@new.toad.com
Subject: [GILC-plan] Radikal-case in court after 5 years
Date: Mon, 15 Apr 2002 09:11:11 -0700
From: John Gilmore <gnu@toad.com>

This press release looks like a nice way to remind people worldwide of info to mirror before its potential censorship by a Dutch court at the request of the German railway.

The URL to be censored is at the bottom.

Their haste to censor it may mean that they plan to transport some nuclear materials across Germany soon, which usually triggers large German public protests.  The article talks about how to effectively protest.

John

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Date: Sun, 14 Apr 2002 22:20:48 +0200 (CEST)
From: Sjoera Nas <sjoera@xs4all.nl>
To: <gilc-plan@gilc.org>
Subject: [GILC-plan] Radikal-case in court after 5 years

Hello all,

Please find a rough translation of a press release from XS4ALL below. Tomorrow morning at 9.30 AM we will stand in front of an Amsterdam judge because of a homepage containing articles from the german magazine Radikal, a case dating from the previous century...

Best wishes,

Sjoera Nas, public affairs XS4ALL

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XS4ALL press release

14 April 2002

Last Thursday, Deutsche Bahn has initiated summary proceedings against Dutch Internetprovider XS4ALL. The judge of The Amsterdam court will deal with the case on the early morning of Monday 15 April. The German railroad company demands that XS4ALL immediately blocks the homepage of one of its users because of 2 articles from the German radical-left magazine Radikal, dating from 1996 and 1997. The articles have been online since their (paper) publication and contain instructions about the delaying of Castor-transports of nuclear waste [below]. These transports have always been accompanied by massive protests from the German public.

XS4ALL was summoned on Monday 8 April by lawyers of the Deutsche Bahn to remove the material. XS4ALL has a standard procedure to deal with complaints about illegal or infringing material. Following that procedure, XS4ALL asked DB to substantiate how this material is illegal under Dutch law.

Instead, Deutsche Bahn responded last thursday by serving XS4ALL with a lawsuit. XS4ALL is very upset about the extremely short preparation time, especially in view of the fact that the materials have been online for 4 and 5 years respectively.

In 1996 and 1997 the Radikal-case caused a lot of public upheaval, when German providers were summoned to make this specific homepage unavailable to their subscribers. The blocking was lifted twice, when it became clear how ineffective it was. Neither the Dutch nor German authorities have ever ordered XS4ALL to remove the material. On top of that, the paper publication was never forbidden in the Netherlands.

In the European Directive for E-Commerce of 8 June 2000 the liability of internet service providers is defined in a very precise way. This directive should have been implemented in Dutch law by 17 January 2002. Now that the implementation-term has passed, the judge needs to explain current Dutch law according to the Directive. XS4ALL believes that its procedure to deal with complaints about illegal content is completely in agreement with the intentions of the Directive. Lacking any substantiation of the unmistakable illegality of the material, it is up to the Dutch court to judge. If the judge, after all this time, decides that the material is illegal, XS4ALL will not hesitate to remove it.

Disputed homepage: http://www.xs4all.nl/~tank/radikal/ [Inactive 15 April 2002]

XS4ALL procedure:

http://www.xs4all.nl/overxs4all/auteursrecht/illegalcontent.html

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GILC-plan mailing list
GILC-plan@mailman.gilc.org
https://mailman.gilc.org/cgi-bin/mailman/listinfo/gilc-plan


Contents of Radikal Number 154: http://www.ecn.org/radikal/154/02.html#inhalt

Radikal "instructions about the delaying of Castor-transports of nuclear waste:"

Source: http://www.ecn.org/radikal/154/94.html

KLEINER LEITFADEN ZUR BEHINDERUNG VON BAHNTRANSPORTEN ALLER ART

einfach, kostengünstig, häufig wiederholbar

Vorweg: Das Gleisnetz der Bahn ist gespickt mit Apperaturen, die einen sicheren und möglichst reibungslosen Verkehrsfluß garantieren sollen. Unsere Aufmerksamkeit galt solchen Anlagen, deren Sabotage die Sicherheit von Menschen nicht gefährden, aber dennoch möglichst viel Reibung im Verkehrsfluß verursachen würden - und wir haben etwas gefunden!

Zum besseren Verstehen ein klein wenig Bahnkunde:

Im Bahnbetrieb werden die Gleisstrecken in einzelne aufeinanderfolgende Streckenabschnitte eingeteilt, die überwacht und abgesichert sind. Es darf sich jeweils nur ein Zug in einem Abschnitt befinden!

Die Absicherung wird bewerkstelligt über Signale und die Überwachung läuft über elektronische Meldeeinrichtungen (Sensoren).

Passiert ein Zug ein Gelb zeigendes Vorsignal, muß der Zugführer/die Zugführerin eine Bremsung einleiten, um so vor dem Rot zeigenden Hauptsignal zum Stehen zu kommen.

Angesichts des Risikos, das ein panneköpfiges, gedankenloses Herumfummeln an bahntechnischen Einrichtungen katastrophale Folgen haben kann, raten wir dringendst: Geräte, deren Bestimmung/Funktion nicht genau bekannt sind, sind Tabu!

Dazu zählen für uns z.B. die INDUSO (induktive Zugsicherung; Bild 4), auf die Ihr mit Sicherheit bei der Suche nach Achszählern stoßen werdet. Sie sind optisch leicht von diesen zu unterscheiden; augenfällige Merkmale sind eine ebene, rechteckige Oberfläche und ihre Positionierung am Gleis, nämlich an der Außenseite der Schiene mit einigen cm “Luft” zwischen Schiene und Gerät.

BILD 4 (kommt noch ... irgendwann)

So, mit diesem bißchen Grundwissen könnt ihr Euch auf die Suche nach “Eurem” Achszähler machen. Ideale Fundorte sind die Umgebung von Signalen auf freier Strecke. Bei gelangweiltem Blick aus dem Abteilfenster während einer Zugfahrt fallen ab und an Schilder auf, die ihr ähnlich von Autobahnabfahrten kennt: Barken, mit 1,2 und 3 Diagonalbalken. Sie geben die Entfernung zum Vorsignal an.

Damit habt ihr (wahrscheinlich) den Anfang eines Streckenabschnitts gesichtet. Achtet auf die Oberleitungsmasten; sie haben kontinuierlich fortlaufende Nummerierung, das erleichtert das spätere Auffinden der Stelle.

Das Aussteigen aus dem Zug, den Weg zurück und das Robben durchs Unterholz sparen wir mal aus und nehmen an, ihr steht mit dornenzerkratzten Händen und Tannennadeln im Haar an der Bahntrasse in der Nähe “Eurer” Stelle. Nehmt Euch etwas Zeit, sucht Euch einen guten Platz und verschafft Euch ein Gefühl für die Umgebung und die Verkehrssituation dort - wobei es hilfreich ist, Uhr und Fahrplan dabeizuhaben. Dann beginnt die Suche. Bei dem oben erwähnten gelangweilten Blick aus dem Fenster müßte Euch außerdem aufgefallen sein, daß sich am Rande der Gleisanlage “Kästen” (Bild 5) mit gelben Sockeln (in der DDR oft noch grau) befinden - so auch dort, wo ihr jetzt steht. Meistens sitzen sie auf kurzen, aus der Erde ragenden Rohrstummeln.

BILD 5 (kommt noch... irgendwann)

Schaut nach, was sich in der Höhe eines solchen Kasten am Gleis befindet. Als Orientierung dient eine recht dicke Leitung (stabiler Panzerschlauch; siehe Bild 2+5), die vom Kasten aus zum Gleis führt. Sie mündet in ein Gerät, welches direkt an die Schiene montiert ist. (Ist dem nicht so, setzt eure Untersuchung beim nächsten Kasten fort - es müssen mehrere dort sein.)

Seht euch das Gerät genau an (aber Vorsicht beim Rumturnen auf den Gleisen, Züge haben lange Bremswege!)

Die beiden Typen von Achszählgeräten, die wir hier vorstellen, sind recht einfach zu identifizieren. Sie sehen - von oben draufgeguckt - aus wie trapezförmige Stahlklötze und sind

befestigt.

Damit seid ihr am Ziel Eurer Suche!

Nun wendet Euch erneut dem Kasten zu, denn um ihn geht es.


Was ihr mit dem Inhalt des jeweiligen Kastens anstellt, bleibt Eurer Phantasie überlassen, die Palette reicht von Kabel-Durchzwicken (selbstverständlich mit isolierten Werkzeug) bis Totalschaden.

Noch ein paar Gedanken zum Schluß: Soll das Ganze über einen rein symbolischen Akt hinausgehen, ist sowohl der Zeitpunkt als auch der Umfang der Außerbetriebnahme von Bedeutung. Geht es um einen ganz bestimmten Zug, der Euch wichtig ist, sollte der Zeitpunkt so gewählt werden, daß der Zug nicht vorher auf eine andere Strecke umgeleitet werden kann.

Umgeleitet werden kann er prinzipiell auch auf das Gegengleis, um so die Problemzone zu umfahren - also: beide Richtungen sabotieren.

Außerdem gilt; je massenhafter die Ausfälle auf einer Strecke sind, desto lahmer kriecht der Zug seinem Ziel entgegen.

Und sollte uns irgendwannmal zu Ohren kommen, daß die Marketingabteilung der DB über die Ursache einer rasant ansteigenden Nachfrage nach Bahncards rätselt, die zu beobachten ist im Vorfeld von Rekruteneinziehungsterminen, Abschiebetransporten mit Deserteuren aus Ex-Jugoslawien und Flüchtlingen überhaupt, Friedensgütertransporten, Castortransporten und anderes ekliges mehr - wenn das passiert, dann freuen wir uns riesig und trinken einen darauf (mindestens).


Source: http://www.ecn.org/radikal/154/96.html

Jedes Herz eine Zeitbombe - Rekrutierungszüge / abschiebezüge stoppen !

Die obenstehende Erklärung und Sabotageanleitung haben wir Anfang Januar nach getaner Arbeit an ein paar ausgewählte Adressen verschickt.

Am 2.1.96 erschien in der jungen Welt sowie in der TAZ eine Meldung aus der hervorging, daß unsere Aktion schiefgelaufen sein sollte. Das hat uns erstmal ziemlich verunsichert, denn für uns stellte sich die Frage, ob wir mit der Anleitung, umfangreicher technischer Literatur und praktischer Erprobung zum Trotz, nicht etwas Falsches unter die Leute gebracht hatten.

Nach dem 5.3.96 kam dann etwas mehr Licht in die Sache. Laut Zeitungsmeldungen hatte ein Streckenläufer der Deutschen Bundesbahn in zwei Schaltkästen für Achszähler Brandsätze gefunden.

Das wundert uns nicht. Die hatten nämlich wir am 2.1. an der Trasse Berlin-Magdeburg dort abgelegt. Die beiden Achszähler waren von uns mit je einem Brandsatz bestückt worden, von denen wir jetzt wissen, daß sie wegen der zu der Zeit herrschenden Kälte mit zu schlappen Batterien versehen waren und deshalb nicht hochgegangen sind. Darüberhinaus hatten wir an zwei Radsensoren (ca. 1 km von den Achszählern entfernt) die Kabel durchgezwickt, nachdem wir direkt daneben eine Puppe plaziert hatten, die dem Zugpersonal/Reperaturtrupp etwas bombiges suggerieren sollte. (siehe Foto).

Dieser zweite Teil der Sabotage (Radsensoren und Puppe) waren ein Fakt - und die Bullen, Bahn und BGS wußten auf Nachfrage der Redakteure von Jungen Welt und TAZ von nichts? 2 Monate später jedenfalls wußten sie zu vermelden, daß Anfang Januar “Bundeswehrgegner in diesem Bereich entlang der Schienen eine Strohpuppe aufgehängt und (die) Lichtsignalanlage eines Bahnüberagangs manipuliert ...” hatten.

Rückblickend können wir sagen, daß die Aktion gemessen an unseren Erwartungen etwas floppig ausgefallen ist. Wir hatten uns eine ordentliche Behinderung des Zugverkehrs versprochen. Die ist zwar eingetreten, jedoch mit zweimonatiger Verspätung. (Der Lacher daran ist, daß unsere Blindgänger offenbar zeitgleich zur Einberufung von Luftwaffen-Rekruten gefunden wurden und so doch noch zu etwas nütze waren.) Als wir die Berliner Presse vom 5.März auswerteten, erfuhren wir, daß unser Eingriff eine Schrankenlichtanlage für Autos auf Rot schaltete. Mehr aber war den Pressemeldungen nicht zu entnehmen.

Aus unserer Sicht gibt es Indizien dafür, daß es zu Störungen im Zugverkehr kam. Die Örtlichkeiten haben es uns nicht erlaubt, länger als nötig vor Ort zu bleiben, um die Wirkung einzuschät zen. Unser Test an einem Achszähler jedenfalls war befriedigend verlaufen (Zug passierte im Schrittempo). Nach dem Handbuch der Deutschen Bundesbahn zwingt ein Ausfall von zwei hintereinaderliegenden Achszählern (= zwei Streckenabschnitte) die Bahn, eine Überprüfung des fraglichen Streckenabschnittes vorzunehmen, dort wo der Zug keine Durchfahrt mehr erhält.

Wenn unser Eingriff an den Radsensoren mehr Wirkung gehabt hat als uns die Presse bzw. die Pressestelle der Polizei glauben machen will, so ist festzuhalten, daß die Wirkung zumindest kaschierbar war. Wider besseren Wissens wurde unsere Aktion vom 2.1.96 unterschlagen, so daß die Junge Welt zurecht die Frage aufwarf, ob “der Anschlag schiefgegangen oder das Sicherheitssystem der Bahn versagt” habe. Die Unterschlagung wird mit den Pressenotizen vom 5.März deutlich. Auffallend finden wir auch, daß wir am 5.März mit keinem Wort erwähnt wurden (Alle Zeitungen wurden durch uns von der Aktion in Kenntnis gesetzt).

Bei uns sind Fragen zurückgeblieben, ob diese Unterschlagung aus politischen Gründen geschehen ist. Entweder, um unsere Initiative (Bündelung der Aktionen gegen Rekruten- bzw. Abschiebezüge/Neubestimmung von Militanz auf antipatriarchaler Grundlage) keinen öffentlichen Raum zu geben und/oder ob es die Sorge um eine neue Sabotageform war. Wenn letzteres so wäre, dann deshalb, weil sich dem Wurfanker gegen den Castortransport eine simple Methode zugesellen würde, wie zusätzlich zu dem Anker Züge zu stoppen sind. Die Unterschlagung hat für diesen Fall die Verhinderung einer ausgeweiteten Anwendung zum Ziel.

Uns würde in diesem Zusammenhang brennend interessieren, ob es innerhalb des Antiatomumfeldes angelehnt oder aufbauend auf unsere Praxisanleitung Anschläge gegeben hat und welche Erfahrungen damit gemacht wurden. Wir begrüßen eine öffentliche Auswertung militanter Aktionen um der Verbreiterung militanten Widerstandes zuzuarbeiten und anderen Menschen die Möglichkeit zu geben, selber direkte Aktionen zu machen. In diesem Sinne verstehen wir unsere Rückschau.

All unseren Freunden und Freundinnen einen lieben Gruß und Dankeschön!

Flammende Herzen, Mai 1996