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14 December 1998


From: "Black Unicorn" <unicorn@schloss.li>
To: "Cryptography List" <owner-cryptography@c2.net>
Subject: Wassenaar in Switzerland (German)
Date: Mon, 14 Dec 1998 17:05:24 -0600


I'll do a translation when I have time.  (Note that this could be as late as
next week).

Montag, 14. Dezember 1998

Verschleierungstaktik bei Kryptopolitik

Neue Exportbeschränkungen für Verschlüsselungsprodukte

Auf Druck der USA haben letzte Woche in Wien 33 Staaten, darunter auch die
Schweiz, neue Bewilligungspflichten für den Export von
Verschlüsselungssoftware vereinbart. Die Umsetzung bleibt dabei aber den
einzelnen Staaten überlassen. Die Vereinbarung dürfte in der Schweiz und in
Europa kaum Änderungen der bisherigen Praxis bewirken.

Die Meldung, dass die USA europäische Staaten zu verschärften Kontrollen
beim Export von Verschlüsselungssoftware hätten zwingen können, sorgte
letzte Woche für Aufregung. Doch die Vereinbarung, die der Sonderbeauftragte
der Vereinigten Staaten, David Aaron, amerikanischen Journalisten als
grossen Sieg der USA verkaufte und die in der Folge von einigen
Kommentatoren als Niederlage für den Rest der Welt gewertet wurde, ändert
genau betrachtet die Bedingungen beim Verkauf und bei der Nutzung von
Software für die Verschlüsselung von Computerdaten kaum. Nach wie vor ist es
schwierig, leistungsfähige Verschlüsselungssoftware aus den USA zu
exportieren, nach wie vor ist es möglich, dass etwa Schweizer Firmen ihre
leistungsfähigen Kryptoprogramme auch ausserhalb der Schweiz verkaufen. Dass
die Revision der Wassenaar-Vereinbarung in der Öffentlichkeit Aufregung
verursachte, liegt weniger am Inhalt als eher daran, dass der US-Diplomat
die Stimmungslage für eine PR-Aktion zu nutzen suchte. Dies sorgte in
europäischen Regierungskreisen für Kopfschütteln.

Sturm im Wasserglas

In der Praxis dürften die letzte Woche an einer Plenartagung in Wien
getroffenen Änderungen der Wassenaar-Vereinbarung - des 1996 geschaffenen
Nachfolgers der Technologie-Ostexportkontrollbehörde COCOM - vorerst wenig
Auswirkungen zeigen. Der Wassenaar-Vereinbarung gehören neben den USA
weitere 32 Industrienationen, darunter die Schweiz und auch die meisten
osteuropäischen Staaten und Russland, an. Die Vereinbarung ist weder
«self-executing» noch rechtlich verbindlich, muss also von den einzelnen
Staaten national umgesetzt werden. Schon bisher sah sie im Rahmen der
Exportkontrollen eine Bewilligungspflicht für die Ausfuhr von
Verschlüsselungstechnik in Nichtmitgliedstaaten vor, da solche Produkte
meist als «Dual Use»-Produkte betrachtet werden, weil sie sich auch
militärisch einsetzen lassen. Software, die wie etwa Web-Browser oder
E-Commerce-Server als sogenannte «mass market products» vertrieben wurden,
war davon aber ausgenommen.

Neu soll auf Druck der USA auch die Ausfuhr solcher Software einer
Bewilligungspflicht unterliegen, sofern sie Schlüssel verwendet, die länger
sind als 64 Bit. Für den Export in die Unterzeichnerstaaten der Vereinbarung
sind aber weiterhin keine Exportkontrollen vorgeschrieben; in vielen Fällen

ändert sich also schon deswegen nichts. Hinzu kommt, dass für Software, die
wie die Freeware-Version von Pretty Good Privacy (PGP) im Internet kostenlos
und frei erhältlich ist («in the public domain»), gegen den Willen der USA
nach wie vor keinerlei Restriktionen vorgeschrieben werden. Die Vereinbarung
erlaubt es den einzelnen Staaten aber auch, eigene, schärfere
Exportbeschränkungen einzuführen, wie sie etwa die USA kennen.
Computerbenutzer, die aus den USA Internet-Software mit starken
Verschlüsselungsfunktionen beziehen wollen, können also nach wie vor
Probleme haben. Für Verschlüsselungshardware, wie sie auch hierzulande
hergestellt wird, sieht die revidierte Vereinbarung von Wassenaar zwar eine
Lockerung vor: für solche Produkte wie auch für Nichtmassenmarkt- Software
sind bei Schlüsseln bis 56 Bit künftig keine Exportbewilligungen mehr nötig.
Da sichere Verschlüsselungssysteme heute aber mit 128 Bit oder mehr arbeiten
müssen, ist diese Lockerung in der Praxis de facto irrelevant.

Keine Auswirkungen für die Schweiz

«Für die Schweiz wird die Anpassung der Vereinbarung praktisch keine
Auswirkungen haben», versichert Othmar Wyss vom zuständigen Bundesamt für
Aussenwirtschaft (Bawi) auf Anfrage. Bruno Wildhaber, bei der
US-Kryptospezialistin Entrust für Strategien in Europa verantwortlich,
rechnet für Schweizer Firmen sogar mit einer «noch besseren Marktposition im
Inland». Die Stellung der US-Anbieter sei «einmal mehr» geschwächt worden.
Die USA hätten zwar massiv Druck ausgeübt, damit Massenmarktsoftware in der
Zukunft Exportkontrollen unterstellt würde. Es sei aber anzunehmen, «dass
die europäischen Länder und Kanada diesem Druck nicht oder nur sehr
beschränkt nachgeben werden», sagt Wildhaber. Der Entscheid über die
Erteilung einer Exportbewilligung liegt denn auch bei den einzelnen Staaten
und kann eine reine Formsache sein. Das Bawi denkt bereits über weltweit
gültige Generalausfuhrlizenzen für Massenmarktsoftware nach.

Zwar trifft es zu, dass die USA in der jüngsten Fassung der Vereinbarung
einige zentrale Anliegen ihrer Kryptopolitik international einbringen
konnten. In wesentlichen Punkten ist sie aber - und das erklärt auch ihre
PR-Aktion - gescheitert: So konnte sie trotz erheblichem Druck die von ihr
gewünschte Privilegierung von Kryptoprodukten mit «Key recovery»-Mechanismen
nicht durchsetzen. Damit hätten Behörden nachträglich Geheimschlüssel eines
Systems rekonstruieren und verschlüsselte Botschaften im Klartext lesen
können. Es war im übrigen die Schweiz, die hier die Opposition anführte. Die
Schweizer Vertretung sorgte auch dafür, dass die neuen Bestimmungen für
Massenmarktsoftware nur zwei Jahre lang gelten werden und dann erneut
einstimmig beschlossen werden müssen. Auch die Meldepflicht für (bewilligte)
Exporte von Kryptoprodukten wurde auf Schweizer Initiative hin gestrichen.

David Rosenthal

Neue Zürcher Zeitung, 11. Dezember 1998